Die Pressemitteilung des Wirtschaftsministeriums:
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Kommentar zur Pressemitteilung des Wirtschaftsministeriums von Bernhard Wildt, Landesvorstandsmitglied und Kreissprecher Vorpommern-Rügen.
Zuallererst fällt dem Leser direkt auf, dass Frau Bretschneider zugleich Präsidentin des Landtages und des Tourismusverbandes Mecklenburg-Vorpommerns ist. Obwohl also der Tourismus der wichtigste und größte Wirtschaftszweig unseres Landes ist, kann das Amt der Verbandspräsidentin im Nebenjob erledigt werden… Oder ist es umgekehrt und der Präsidentenjob des Landtages ist nicht ganz so aufreibend?
Jedenfalls ein klarer Beweis für den Fachkräftemangel, auf den mehrfach in der Presseerklärung eingegangen wird. Unter anderem darf natürlich nicht fehlen, dass die Zuwanderer (Flüchtlinge) als Chance gesehen werden müssen und zwar im Rahmen der Integration in den Arbeitsmarkt.
Hier sind wir schon bei einer fundamental merkwürdigen Sichtweise, die aber wohl auch aus der Verquickung von zwei unterschiedlichen Ämtern resultiert: die Tourismusbetriebe haben grundsätzlich -wie jedes Unternehmen- den Wunsch zu wachsen, mehr Umsatz und letztlich mehr Gewinn zu erwirtschaften. Dafür brauchen sie mehr Kunden, aber natürlich in einer Dienstleistungsbranche auch vor allem mehr Mitarbeiter.
Die Bevölkerung des Landes sieht die Lage anders; die Abwanderung vieler Fachkräfte in den letzten 25 Jahren spricht eine deutliche Sprache. Es möchte schlichtweg nicht jeder im Tourismus arbeiten, und für manche sind die Verdienstmöglichkeiten gerade im Saisonbetrieb einfach zu gering.
Dann als Landesregierung in diesem Ausmaß und dauerhaft hauptsächlich auf den Tourismus zu setzen, bedeutet, dass die Landesregierung die Wünsche der Landeskinder nicht ernst nimmt, wie es der Demokratie angemessen wäre, sondern nur die Wünsche der Investoren beachtet.
Investoren investieren in Mecklenburg-Vorpommerns Tourismus übrigens nicht unbedingt eigenes Geld bzw. Kredite auf eigenes Risiko: in touristische Infrastruktur, Hotels und touristische Einrichtungen wurden in den letzten 25 Jahren 6,35 Mrd. Euro investiert, davon 2,3 Mrd. Euro Fördergelder des Bundeslandes. Stolze 36 % der Gesamtsumme. Auf die Umrechnung in Vollzeitjahresgehältern verzichten wir an dieser Stelle, da es zu frustrierend wäre.
Immerhin wird nun -nach 25 Jahren- eine Evaluierung der volkswirtschaftlichen Effekte des Tourismus für Mecklenburg-Vorpommern erarbeitet. Das Ergebnis wird für nächsten Sommer erarbeitet.
Hoffentlich kann dann eine neue Landesregierung im Herbst die richtigen Schlüsse ziehen. Tatsache ist auch schon ohne Evaluierung, dass die Bewohner in MV das geringste Einkommen in Deutschland haben, dass eine anhaltend hohe Arbeitslosigkeit insbesondere im Winter das Land prägt, dass aus diesen beiden Gründen das Land eine massive Abwanderung zu verkraften hatte und dass deshalb schon in naher Zukunft bedeutende Probleme in den öffentlichen Finanzen, der öffentlichen Infrastruktur und der altersgerechten Versorgung der Bevölkerung auf unser Land zukommen.
Überraschend ist diese Erkenntnis nicht, denn auch andere Urlaubsregionen im In-und Ausland leiden unter ihrer einseitigen Wirtschaftsstruktur.
Noch ein paar Fakten: das Wachstum des Tourismus ist in MV 2014 hinter dem deutschlandweiten Wachstum der Branche zurückgeblieben, was vor allem am schlechten Abschneiden der Binnenregionen liegt. Unsere Top-Branche schaffte also noch nicht einmal den deutschen Durchschnittswert.
Insgesamt soll aber alles besser werden durch ein konzeptloses Sammelsurium von Schlagworten, wie Verbesserung der „Durchschlagskraft auf Fernmärkten“, Abhilfe bei „besorgniserregender Qualität von Radwegen“, Versorgung mit „schnellem Internet“ und natürlich Abhilfe beim „Fachkräftemangel“. „Saisonverlängerung“, „Steigerung der Servicequalität“, mehr „Kundenorientierung“ , „Werbung um ausländische Gäste“ , „barrierefreier Tourismus“, „grenzüberschreitender Tourismus“ sind weitere Schlagworte, die wir schon seit Jahren hören.
Die AfD fordert hingegen eine konsequente Befragung der Urlauber, zum Beispiel die Übergabe eines Fragebogens schon beim Ausfüllen der Kurkarten. Viele Urlauber kommen schon seit Jahren und Jahrzehnten in unser wunderbares Bundesland: warum werden ihre Anregungen und Wünsche nicht abgefragt und ernst genommen? Manche Urlauber sind weit gereist und können sehr gut darlegen, was Ihnen bei uns gefällt und was nicht. Man kann es nicht immer allen Leuten recht machen und es ist gut, dass die Angebote entsprechend unterschiedlich sind. Bestimmte Dinge werden aber immer wieder moniert.
Ein häufiger Wunsch ist auf der Insel Rügen zum Beispiel eine Art Baustopp, da es in der Nähe der Badeorte immer weniger naturbelassene Küstenabschnitte gibt.
Der starke Autoverkehr ist auf Rügen, aber auch auf Usedom und dem Darß in den Sommermonaten ein großes Problem.
Die Servicequalität wird automatisch schlechter, wenn drei Monate im Jahr eine immer größere Anzahl von Menschen zu versorgen ist, die Lebensbedingungen für die einheimischen Arbeitskräfte aber immer schwerer werden (Stichwort: bezahlbarer Wohnraum).
Und hier ist auch schon die zweite Seite der Medaille: was wünschen sich die Arbeitnehmer und ihre Familien, welche Anregungen geben sie? Auch hier wären Befragungen gut angelegtes Geld.
Nicht immer ist es nur die bezahlbare Wohnung oder ein höheres Gehalt. Die Sicherheit einer unbefristeten Arbeitsstelle kann wesentliche Grundlage für die Familiengründung sein. Schulen und Kindergärten müssten dann auch in der Nähe sein und nicht für neue Feriendomizile weichen.
Glückliche Arbeitnehmer sind der Garant dafür, dass sich auch die Urlauber wohl fühlen und gerne wiederkommen. Bei der letzten Umfrage zum Glücksgefühl rangierte Mecklenburg-Vorpommern übrigens auf dem letzten Platz der 16 Bundesländer. Das sollte die Landesregierung mehr zum Nachdenken bringen als die oben genannten Schlagworte. Der Kurs der Wirtschaftspolitik geht an den Bedürfnissen der Bevölkerung vorbei, und es steigt zunehmend das Gefühl auf, in einem bedrohten Paradies zu leben.