Liebe Weggefährten,
der Asylwahnsinn erreicht allmählich unsere Hansestadt und dominierte auch die erste Bürgerschaftssitzung nach der Sommerpause am vergangenen Mittwoch – passenderweise neben der Debatte über den Doppelhaushalt 2015/16. Man möge mir das harsche Urteil nachsehen, aber während jener sechs Stunden im Ratssaal hatte ich erstmalig so richtig dieses Gefühl, dass sich Rostock in der Hand von Leuten befindet, die, wie der britische Politologe Anthony Glees es vor einigen Tagen so treffend für unser ganzes Land diagnostizierte, den Verstand verloren haben.
Im ersten Teil der Einwohnerfragestunde ging es beispielsweise um den Erhalt der Schleuse am Mühlendamm, einem der wenigen noch existierenden technischen Denkmale in Rostock. Die Stadtverwaltung will das Bauwerk aus dem Jahre 1887 einfach zuschütten und auf dem lukrativen Areal wahrscheinlich Häuser errichten lassen. Mehr als verhaltenes Lob für seine Arbeit bekam der Vorsitzende eines Fördervereins zur Rettung der Schleuse weder vom Finanzsenator noch von den etablierten Parteien zu hören. Es wäre zwar ganz furchtbar schade, doch leider fehlten die Mittel für eine Sanierung. Punkt.
Im Anschluss ging es um die Flüchtlingspolitik. Eine Vertreterin der Asylwirtschaft forderte mehr Geld und mehr Stellen, um die angeblich „überwältigende Hilfsbereitschaft“ der Rostocker zu koordinieren. Das höfliche Wohlwollen gegenüber dem Vorredner und dessen Hoffnung auf Unterstützung für die Rettung unseres kulturellen Erbes, schlug beim Thema Flüchtlinge in helle Begeisterung um und die Parteien SPD, Grüne, die Linke und CDU überschlugen sich förmlich mit Dankesworten und Entzücken über die „Willkommenskultur“, wie sie in Rostock gelebt würde. Später wurde dann die Schaffung eines speziellen Ausschusses der Bürgerschaft beschlossen, der nicht nur zusätzliches Geld kostet, sondern auch personelle Ressourcen beansprucht, welche an anderer Stelle fehlen. Auf die Frage einer Abgeordneten, ob es denn nicht sinnvoller sei, statt einen neuen Ausschuss zu gründen, die Verwaltung zu stärken, damit beispielsweise die Asylanträge schneller bearbeitet werden können, erfolgten lautstarke Proteste aus den Reihen der Linkspartei. Augenscheinlich ist man dort an einem zügigen Fortgang der Verfahren überhaupt nicht interessiert, ja will diese gezielt hintertreiben. Man könnte das auch als mehr oder weniger offenes Bekenntnis zum Rechtsbruch interpretieren.
Ein von mir eingebrachter Antrag, der auf die Einrichtung von befriedeten Zonen, sogenannte Bannmeilen, um Flüchtlings- und Asylbewerberunterkünfte abzielt, wurde von den anderen Parteien freilich unisono abgelehnt. Lediglich der FDP-Vertreter stimmte ebenfalls dafür, was in einer Bürgerschaft, die offenkundig auch in Bezug auf die AfD den sogenannten „Schweriner Weg“ praktiziert, ohne Zweifel einen gewissen Mut erfordert. Die fanatische Antifaschistin Claudia Barlen von der SPD gab eine kurze Stellungnahme zum Besten, in der sie ankündigte, dass die „demokratischen Kräfte“ auch künftig „Willkommensfeste“ vor Flüchtlingsheimen feiern wollen und erweckte ansonsten den Eindruck, den Sinn des Antrages nicht so richtig verstanden zu haben. Eine Debatte war jedenfalls nicht gewollt und fand auch nicht statt. Selten waren sich Linke und NPD einiger als in diesem Moment, da es um den Erhalt ihrer Tummelplätze ging.
Doch nicht nur dadurch manifestierte sich ein eher merkwürdiges Demokratieverständnis seitens der etablierten Parteien. In einer Sitzungspause erfuhr ich, dass im Hauptausschuss bereits konkrete Pläne für Asylbewerberunterkünfte in Rostock vorliegen, dessen Mitglieder aber zu striktem Stillschweigen verpflichtet wurden. Vielleicht möchte man den Bürgern einfach die Überraschung nicht verderben. Was insgesamt auffiel, war die absolute Schicksalsergebenheit sämtlicher etablierter Parteien im Hinblick auf die Flüchtlingskrise. Bedenken wurden zu keinem Zeitpunkt geäußert, eine kritische Reflexion der Lage fand praktisch nicht statt. Dass es wohl auch ein paar Bürger in Rostock gibt, welche die nicht enden wollende Asylflut mit wachsendem Unbehagen verfolgen, spielte in den Betrachtungen der Kommunalpolitiker und Verwaltungsmitarbeiter keine Rolle. Der Tenor, auch des Oberbürgermeisters, war vielmehr, dass man die bevorstehenden Aufgaben, also die Versorgung und Integration von Tausenden „potentiell anerkannten Flüchtlingen“ so vorbildlich und perfekt wie möglich zu lösen gedenke. Man sei glücklich, dass sich alle „Rostockerinnen und Rostocker“ einer beispielhaften Willkommenskultur verpflichtet fühlen. Auf eine derartige Realitätsverweigerung kann nur ein böses Erwachen folgen.
Zweiter großer Themenkomplex war der Haushalt 2015/16. Erwähnenswert an dieser Stelle wären noch einige Änderungsanträge, über welche separat abgestimmt wurde. Eine Verdoppelung der Mittel für die sogenannte „Anlaufstelle für Information, Beratung und Hilfe in der Prostitution“ auf 93.000 Euro, die der Schaffung einer zweiten Vollzeitstelle zufließen sollten, wurde vom bürgerlichen Lager und mir selbst abgelehnt. Gleiches geschah mit der von Linken und Grünen verlangten Förderung des „Peter-Weiß-Hauses“, eines linksautonomen Kulturzentrums im ehemaligen Haus der Freundschaft in der Doberaner Straße. Über eine ordentliche Finanzspritze darf sich hingegen der, durch Missmanagement in Schieflage geratene, M.A.U.-Klub am Stadthafen freuen.
Soweit einige Neuigkeiten aus der Rostocker Bürgerschaft. Mehrere Anfragen an die Verwaltung sowie eine Antragsinitiative für die nächste Sitzung unseres hansestädtischen Parlaments sind in Arbeit. Ich werde Sie darüber demnächst aktuell informieren. Einstweilen wünsche ich Ihnen ein geruhsames Wochenende und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Holger Arppe